Ich dachte immer, man kann über alles und jeden schreiben – aber dann habe ich es versucht …

Lesendes Mädchen mit Pferd

„Manche Themen sollte man also den Experten überlassen“

Ich dachte immer, man kann über alles und jeden schreiben – aber dann habe ich es versucht …



„Manche Themen sollte man also den Experten überlassen“

Eigentlich gefällt mir besonders am Schreiben, dass man sich in jeden, zu jeder Zeit, an jedem Ort der Welt, hineinversetzen kann und aus dessen Sicht eine Geschichte erzählen kann. Das ist doch eigentlich die Magie, die die Grenzen der Realität verschwimmen lässt.

Doch so einfach ist es leider nicht. Wie gerne würde ich meiner Protagonistin mal einen coolen handwerklichen Beruf geben, wie Schreinerin, aber leider habe ich keine Ahnung davon und auch mit Recherche kann ich es nicht authentisch darstellen. Oder wie cool wäre es, wenn mein nächster Roman in Japan spielen würde? Aber verdammt, ich war noch nie da, Corona lässt eine Reise nicht zu und Google Maps reicht mir keinesfalls aus. Denn wie soll ich die Atmosphäre an einem Ort zum Mitfühlen echt beschreiben, wenn ich selbst noch nie dort war?

Eine ähnliche Diskussion gibt es über Themenbücher über Rassismus oder vergleichbar sensible Themen. Es gibt viele Anhänger der Meinung, dass eine solche Geschichte nur von denjenigen geschrieben werden kann, die selbst schon Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben. Ich persönlich würde mich da zwar nicht zu 100% positionieren (mit viel Recherche und Gesprächen mit Betroffenen, geht es sicher), aber für mich ist da schon etwas dran.

Wie soll ich als weißer Menschen mir jemals anmaßen, beschreiben zu können, wie sich ein Schwarzer fühlt, wenn er aufgrund seiner Hautfarbe beleidigt, ausgestoßen oder noch schlimmer körperlich verletzt wird? Das kann und möchte ich mir natürlich gar nicht vorstellen können.
Manche Themen sollte man also den Experten überlassen (auch wenn der Begriff „Experte“ im Kontext mit Rassismus selbstverständlich eine viel zu positive Assoziation hervorruft).

Nehmen wir nun mal ein nicht so politisch heiß diskutiertes Thema: Ein Pferderoman – sei es ein Kinderbuch oder ein Roman für Erwachsene, welches auf einem Reiterhof spielt. Im besten Fall bin ich natürlich das typische Pferdemädchen (oder -junge 😉), wie es im Buche steht. Doch wenn nicht, sollte ich zumindest mal auf einem Reiterhof gewesen sein, um mich in die Atmosphäre hineinfühlen zu können, zu wissen, über was geredet wird oder wie die Abläufe sind. Besonders gut funktioniert das Schreiben auch, wenn man vor Ort schreibt oder aber, wenn man direkt nach dem Rechercheausflug schreibt, sodass alle Eindrücke noch frisch im Kopf verankert sind.

Genau so verhält es sich mit der Zeit, in der deine Handlung spielt. Wenn du zu der Zeit selbst noch nicht gelebt hast, solltest du viel Inspiration und Wissen sammeln, wie es damals war. Schaue dir Filme oder Serien an, lies andere Bücher und informiere dich im Internet über das gewünschte Jahrzehnt, Jahrhundert oder Jahrtausend. Kleinigkeiten, wie das Erwähnen eines Künstlers dieser Zeit, machen die Erzählart gleich viel glaubwürdiger.

Mit der Zukunft verhält es sich etwas anders. Gott sei Dank weiß keiner, wie es irgendwann mal sein wird. Aus diesem Grund stehen dir im Grunde alle Türen der Vorstellungskraft offen. JEDOCH sollte auch hier alles wissenschaftlich begründet und fundiert sein – Berechnungen müssen stimmen, technische Neuheiten erklärt werden. In deiner Geschichte musst du sie quasi von Grund auf erfinden und erklären können.

Schreibe also in realistischen Geschichten nie von Orten, die du nicht kennst. Bleib bei dem, was du kennst! Und wenn du doch mal etwas weiter über den Tellerrand schauen möchtest, dann nimm dir unbedingt die Zeit, genug Informationen zu sammeln. Ansonsten wird ein Leser, der sich in diesem Bereich besser auskennt, keinen Satz glauben, den du von dir gibst.

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